Neue Sonderausstellung ab 6. September 2025

1921 kaufte der aus der Nähe von Göttingen stammende Kunstsammler Franz Fromm die Villa Freischütz. Sein Reichtum stammte größtenteils aus dem Vermögen seiner Ehefrau. Luisa Hilliger Y Vernal war als Tochter des Salpetermillionärs Johann Georg Christian Hilliger in Peru geboren worden. So weit, so gut. Wäre da nicht die andere Seite der Geschichte, auf der anderen Seite der Welt. Der Wohlstand der europäischen Salpeterbarone beruhte auf der Ausbeutung meist indigener Wanderarbeiter:innen. Sie lebten und arbeiteten – formell frei – unter sklavenähnlichen Bedingungen. Die Ausstellung bringt beide Geschichten zusammen.

Exklusiv für die Ausstellung verfassten die argentinische Dichterin Ana Rocío Jouli und der peruanische Dichter Juan Ignacio Chávez „dokumentarische Poesie“. Die Gedichte werden gemeinsam mit von ihnen ausgewählten Archivalien und Objekten innerhalb der Dauerausstellung präsentiert – inmitten der von Franz Fromm zusammengetragenen Pracht an Kunst und Kunstgewerbe.

Im ersten Stock erzählen Objekte, Fotos und Texte von der Verflechtung der Sammlerfamilie mit dem ausbeuterischen Salpterhandel und werfen die Frage auf, wie gerecht wir heute leben können. Kuratiert wurde die Ausstellung von Ariane Karbe, Hannes Obermair und Laura Steinhilber (Assistenz).


Am Sonntag, den 7. September 2025 (11 bis 16 Uhr) steht das kuratorische Team Ariane Karbe, Hannes Obermair und Laura Steinhilber gemeinsam mit Ana Rocío Jouli und Juan Ignacio Chávez für Führungen, Gespräche und Diskussionen zur Verfügung. Es gilt der übliche Eintrittspreis.

Am Sonntag, den 14. September 2025 (11 bis 16 Uhr) (dem AKTIONSTAG des Euregio Museumsjahres) ist die Ausstellung ebenfalls geöffnet. Ein Mitarbeiter der Südtiroler Informatik AG löscht bei Bedarf Daten von alten Handys, denn: Während der gesamten Laufzeit der Ausstellung können alte Handys abgegeben werden – das spart Rohstoffe. Es gilt der übliche Eintrittspreis.

3 thoughts on “Neue Sonderausstellung ab 6. September 2025

  • Lieber Herr Thiel, vielen Dank für Ihren Kommentar. Die Ausstellung findet im Rahmen des Euregio-Museumsjahres statt, das die Bauernkriege vor 500 Jahren zum Anlass nimmt, über soziale Gerechtigkeit nachzudenken. Deshalb fokussieren wir uns in diesem Projekt auf die Ausbeutung der Salpeter-Arbeiter. Auch deshalb, weil die Geschichte von europäischen Unternehmern (seltener Unternehmerinnen), die in Übersee ihr Glück gemacht haben, meistens als Erfolgsgeschichte erzählt wird. Bewusst wollen wir dem ein anderes Narrativ entgegensetzen, auch weil wir generell in der Villa Freischütz nicht die Geschichte von Helden, sondern von Menschen erzählen wollen. In der Ausstellung selbst regen wir zum Fragen/Hinterfragen/Nachfragen an und schlagen auch den Bogen zur Ausbeutung, an der wir alle heutzutage beteiligt sind. Vielen Dank also für die Denkanstöße und Ihre Sicht auf die Geschichte des Salpeterhandels.

  • Als Urenkel von Friedrich von Martin, einem der Salpeterindustriellen, der bei Jorge Hilliger angefangen und dann zusammen mit Hermann Fölsch das deutsche Engagement in der Salpeterförderung als Fölsch y Martin betrieben habe ich mich intensiv um meine Familiengeschichte bemüht. Großmutter Else wurde in Puerto Montt geboren, wir haben noch viel Verwandtschaft in Chile.
    Die Ausbeutung der Minenarbeiter ist unbestreitbar, nur sollte man nicht das unternehmerische Risiko der beiden Herren vernachlässigen. Die ursprüngliche Gründung war eine persönliche Haftung, die Kreditvergabe sehr wacklig, teilweise der Betrieb unter von Banken eingesetzter Aufsicht und nur die Jodproduktion rettete vor dem Bankrott, auch der erst mit der Zeit einsetzten Erschließung des Salpetermarktes in Europa speziell Deutschlands. Dies darf man bei der Darstellung der Fakten nicht vergessen (Herr Hilliger hatte die erste an die Beiden verkaufte Mine Paposo als Konkursmasse übernehmen müssen, da sie nicht rentabel war). Der Staatshaushalt Chiles war zum größten Teil von dieser Industrie abhängig und es war der Beginn der Industrialisierung Chiles, einem Land welches zu dieser Zeit nichts hatte, Großgrundbesitzern stand eine arme Bevölkerung gegenüber, es bedurfte eines langen Prozesses, um einigermaßen humane gesellschaftliche Zustände zu schaffen. Der Prozess der Industrialisierung verlief in Europa (Manchester-Kapitalismus, K. Marx Kapital), Arbeitsbedingungen z. Bsp. in Deutschland (Krupp, Gerhard Hauptmann-Die Weber) ähnlich. Und wir gehen heutzutage Einkaufen, unter welchen Bedingungen die Waren meist in Fernost etc. hergestellt werden, wird ebenso ausgeblendet. Der Preis entscheidet, nur ein anderes Wirtschaftssystem („Sozialismus“) funktioniert noch weniger. Es gilt in einer Gesellschaft die Härten zu glätten und eine soziale Marktwirtschaft zu etablieren. Hans Thiel

  • Das klingt nach einer sehr, sehr spannenden Ausstellung, die ich allzu gerne sehen würde. Ich finde es höchst beeindruckend zu erforschen und darzustellen, wie eine europäische Familie zu ihrem Reichtum, ihrer Kunst und all den schönen Dingen, die wir so gerne bewundern, eigentlich gekommen ist. Und siehe da: Plötzlich gibt es da eine andere Seite von Armut, und Elend. Grandios, uns im historischen Kontext der Villa Freischütz und ihrer Objekte, die Frage nach globaler Gerechtigkeit zu stellen! Ich wünsche allen Beteiligten und Besucher*innen viel Erkenntnis und Freude bei dieser Ausstellung. Leider sitze ich in Berlin und kann zumindest derzeit die Ausstellung nicht ansehen – und würde es so gerne!
    Alles Gute!

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